Die Entstehung der Wanderschulen

 

Die Entstehung der Wanderschulen

Geschichtsbucheintrag aus dem Jahr 2050

Um das Jahr 2013 herum, auf dem Höhepunkt der damaligen Bildungsdebatte, kamen mehrere Gruppen von jungen Menschen auf die Idee in ganz Deutschland Menschen nach ihren Wünschen und Träumen zu fragen. Immer mehr junge Menschen machten sich auf den Weg, um zuerst einmal zuzuhören und so herauszufinden, was sich denn andere Menschen von Bildung und Gesellschaft erhofften. Dadurch wurde bei vielen Menschen die Vorstellung gebrochen, dass sie mit ihren Träumen und Ängsten alleine seinen und sie bekamen den Mut selbst aktiv zu werden. So entstanden auf einmal überall in Deutschland Orte, in denen man versuchte diese Wünsche und Träume zu leben und begründete so, basierend auf den Wünsche und Träumen der Menschen, das Bildungssystem, wie wir es heute kennen. Die Ablösung des 150 Jahre alten Bildungssystems gilt als Wendepunkt im Übergang vom damaligen Strukturzeitalter zum heutigen Gestaltungszeitalter.

Das damalige Bildungssystem

Das alte Bildungssystem war aus verschiedenen Strömungen hervorgegangen. Die in der Aufklärung entstandene und von Humboldt formulierte Idee, alle Menschen soweit zu bilden, dass sie zu mündigen Bürgern werden, wurde mit den Anforderungen des Industriezeitalters konfrontiert, in dem zwar ein gewisser Bildungsstand nötig war, vor allem aber folgsame Menschen für die meist eintönigen Tätigkeiten in den Fabriken benötigt wurden. So wurde statt einem Recht auf selbstbestimmte Bildung, eine zehnjährige Schulpflicht eingeführt und die Schulen vom Staat verwaltet und kontrolliert, damit der Staat bestimmen konnte, wie Kinder ab dem 6. Lebensjahr erzogen und gebildet werden sollten.

Im Alter von 10 Jahren wurden die Kinder dann, gemäß ihrer Eignung für das spätere Berufsleben, in drei Klassen eingeteilt und in gesonderten Schuleinrichtungen weiter unterrichtet. In diesen Einrichtungen mussten sie 6-8 Stunden täglich verbringen und mit jeweils 20-30 anderen Kindern eineinhalb Stunden in einem Raum still sitzen. Die damaligen Lehrer mussten zu einen Thema vortragen oder aber kontrollieren, dass die Kinder zu diesem Thema Aufgaben machten. Nach einer Pause wechselten Lehrer und Thema. Das Wissen war in einzelne Fächer aufgeteilt, in denen es meist darum ging Fakten oder Regeln auswendig zu lernen und in denen Fähigkeiten, wie soziales Verhalten, Mut, Zivilcourage, Verantwortung oder Ähnliches keine Rolle spielten.

Auch wurde das Wissen nicht an realen Problemen, Aufgaben oder Herausforderungen in der Welt geübt. Stattdessen standen in Büchern ausgedachte Probleme oder Probleme aus der Vergangenheit, die die Kinder in möglichst kurzer Zeit lösen sollten.

Man hoffte so eine allgemeine Problemlösefähigkeit zu trainieren, jedoch waren die Menschen nach der Schulausbildung oftmals mit den realen Aufgaben des Lebens überfordert, sodass sich irgendwann die entscheidende Erkenntnis durchsetzte, dass man durch das Lernen von ausgedachten Aufgaben nicht lernt reale Aufgaben zu meistern,

So waren zum Beispiel damals viele der Schulabgänger nicht einmal in der Lage ihr eigenes Essen zu kochen oder ihren Lebensort sauber zu halten. Beispiel dafür waren auch die katastrophalen hygienischen Zustände, die auf den Klos der Schuleinrichtungen herrschten. (Auch ging durch dieses Üben an nicht realen Aufgaben der Gesellschaft die gesamte Arbeitskraft und Eigenmotivation der sechs bis teilweise Anfang 30 jährigen Schüler und Studenten verloren.)

Das gelernte Wissen wurde mehrmals im Jahr in standardisierten Test abgefragt und die Fähigkeiten des Schülers mit Zahlen von eins bis sechs kategorisiert. Zusammenarbeit und Kooperation unter den Kindern war während dieser Tests verboten und wurde mit der schlechtesten Note bestraft.

Durch diese Maßnahmen waren die Grunderfahrungen, die die Kinder der damaligen Zeit machten, Unfreiheit (weil sie wegen der Schulpflicht zur Schule mussten), Unmündigkeit (weil ihre Gabe zum eigenständigen Denken und Urteilen verkümmerte), Ohnmacht (weil sie kein Mitbestimmungsrecht hatten) und Einsamkeit (weil sie sich gegen andere durchsetzten mussten). So wurde in der damaligen Schule die natürliche Lernlust, Kreativität und Begeisterungsfähigkeit der Kinder zerstört und Egoismus gefördert. Depression war damals laut der Weltgesundheitsorganisation die häufigste Krankheit.

Viele Eltern und Schüler machten fälschlicher Weise die Lehrer für diese Missstände verantwortlich, die jedoch keine Möglichkeit sahen aus den bestehenden Strukturen und Vorgaben auszubrechen. Der Lehrerstand war der Berufsstand mit den meisten psychosomatischen Erkrankungen.

Die damaligen Universitäten waren nicht wie heute, Orte, an denen sich Menschen mit unterschiedlichem Alter und Erfahrung jederzeit zusammenfinden konnten, um gemeinsam Dinge auszuprobieren, an bestimmten Themen zu forschen oder Projekte zu realisieren, sondern meistens eine Fortführung der Schule. Mehrere hunderte Studenten saßen hier oft zusammen in einem Raum, um gleichzeitig die gleichen Inhalte präsentiert zu bekommen.

Dieses Bildungssystem gilt als eine der Hauptgründe dafür, dass die vielen auftretenden regionalen und globalen Herausforderungen in vielen Fällen so unverantwortlich lange und bis zur beinahen Katastrophe verdrängt wurden.

Der Übergang zum heutigen Bildungssystem

Die Mängel des Bildungssystems wurden über die Jahre zunehmend offensichtlicher, während die zaghaften Reformversuche der Politik wirkungslos blieben. Immer mehr Menschen begannen das damalige Schulsystem zu kritisieren und eine Vielzahl von Initiativen entstanden. Viele damalige bekannte Persönlichkeiten beschäftigten sich ebenfalls mit der Bildungsproblematik. Dutzende Bücher zum Thema Bildung wurden veröffentlicht und Dokumentarfilme über Bildung und Schule führten zu vollen Kinosälen. Das Thema Bildung war in aller Munde und trotz alledem schien sich wenig zu verändern.

Dann jedoch kam es zu einem Wandel, als um 2013 herum die Schüler und Studenten selbst begannen das Problem in die Hand zu nehmen.

Mehrere Gruppen von Schülern und Studenten machten sich auf den Weg und wanderten quer durch Deutschland, um überall ihre Mitschüler nach ihren Wünschen, Vorstellungen und Träumen, für eine bessere Bildung und Zukunft zu fragen. Es entstanden immer mehr Orte, an denen sich junge Menschen von den alten Strukturen und Formen lösten und versuchten diese vielen Wünsche, Ideen und Inspirationen umzusetzen. Ganz neue Wege und Methoden wurden ausprobiert.

Man machte die Frage, was der einzelne und die Gruppe lernen will und wie sie es am besten lernen kann, zur immer wiederkehrenden zentralen Frage des Bildungswerdegangs. Hier waren es die Schüler, die sich für ein Thema interessierten, es zunächst selbständig erarbeiteten und nun auf den Lehrer zugingen, um ihn um Unterstützung oder tiefer gehende Informationen zu fragen. Lebensnahe und praktische Themen, wie z.B. Kochen und Putzen, rückten durch das Interesse der Schüler, von alleine wieder in den Fokus der Schule. Zunächst standen am Ende weiterhin die zentralisierten Prüfungen und Abschlüsse, deren Form jedoch bald deutschlandweit aufgegeben wurde. Geübt wurde an realen Aufgaben. So waren zum Beispiel Schüler und Lehrer dafür verantwortlich Mittagessen zu kochen und für das Essen einkaufen zu gehen, einen Teil der Lebensmittel selbst zu produzieren und ihre Schule sauber zu halten oder oft sogar erst einmal selbst zu bauen.

Es entstand die Tradition, dass viele der älteren Schüler mehrere Wochen im Jahr auf Wanderschaft gingen. Dabei besuchten sie andere Bildungsorte und lernten so andere Formen, Strukturen und Ideen kennen und konnten zugleich von den eigenen Erfahrungen und Ideen, die sie Zuhause oder auf dem Weg gemacht hatten berichten. Auf dem Weg fragten sie oft weiterhin alle Menschen, die ihnen begegneten nach ihren Wünschen und Träumen und überlegen, wie man diese umsetzten könnte. Manchmal blieben Gruppen spontan mehrere Wochen an einem Ort, wenn sich die Möglichkeit auftat, eine Idee oder die Erfüllung eines Wunsches gleich umzusetzen.

So wurden von der jungen Generation viele der realen und drängenden Probleme in Angriff genommen. Es entstand z.B. die Idee ältere Menschen wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft aufzunehmen, anstatt sie, wie damals üblich, in Einrichtungen abzuschieben. Viele Schulen wurden zu Mehrgenerationenhäusern in den denen beide Seiten voneinander profitierten. Zum Beispiel dadurch, dass ältere Menschen kleinere Kinder betreuten und ihnen beim Lernen von Lesen und Schreiben halfen, Aufgaben in der Küche und im Garten übernahmen und als Lernbegleiter zur Verfügung standen, die ihr Wissen und ihre Erfahrung an die Jüngeren weitergeben konnten. Die Schüler, Lehrer und Eltern kümmerten sich dafür um Hilfs- und Pflegebedürftige. Dadurch, dass in den neuen Bildungsorten interessante und aktuelle Themen behandelt wurden und auch Sport, Kunst und Kultur stattfanden wurden sie zunehmend zu den Dorf und Stadtmittelpunkten des öffentlichen Lebens. Auch viele regionale Energieinitiativen wurden gestartet, die die heutige dezentrale Energieversorgung begründeten und durch Kooperationen mit Bauernhöfen wurden die regionalen Wirtschaftskreisläufe gestärkt, denn seitdem beziehen die Schulen ihr Essen von nahegelegenen Höfen, auf denen sie auch mithelfen und lernen und gleichzeitig wurden und werden immer noch in vielen Schulen kleine Einkaufsmärkte aufgemacht, in denen faire und regionale Produkte verkauft werden, weil den Kindern, durch die eigene Arbeit auf den Höfen, wieder der Wert von Essen bewusst wird.

Die heutigen Wanderschulen

Weil die Wanderschaft und das damit verbundene Wünsche sammeln und Umsetzten von Wünschen nicht nur Ursprung, sondern auch zentrales Element unserer heutigen Schule ist, wurde es zunehmend auch in die Lehrerbildung integriert. Heute ist es fester Bestandteil des Lehramtsstudiums, dass die Studenten den Sommer über mit einer Wanderschule unterwegs sind. Diese Wanderschulen bestehen traditionsgemäß nur aus älteren Schülern und Studenten und besuchen unterschiedlichste Lernorte, oftmals über Ländergrenzen hinweg. So bekommen Lehrer als Bindeglied zwischen den Generationen die nötige Lebenserfahrung und einen geschärften Blick für die Wünsche und Träume der jungen Generation.

 

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